Weiterbildungsexkursion nach Chartres
EUROPÄISCHE WURZELN EINES INTEGRATIVEN MENSCHENBILDES IN DER MEDIZIN
Die Schule von Chartres war zu der Zeit der Kathedralgründung einer der ersten Orte Europas, an dem man sich in einer systematischen Weise um ein differenziertes Bild des Menschen auf höchstem geistigem Niveau bemühte. Dabei ging es um u.a. den Zusammenhang der sog. Trichotomie also dem Ineinandergreifen von Leib, Seele und Geist. Dies zeigt sich auch darin, dass wir hier ein christliches „Krankenhaus“ finden, in dem Kranke aus den Wurzeln der Nächstenliebe versorgt wurden. Dies geschah aus einer religiösen Haltung heraus, die versuchte durch den Dogmatismus der Religion hindurch zu einem wissenschaftlich fundierten und dabei ganzheitlichen Menschenbild zu gelangen. Ein erheblicher Teil dieser Impulse ist durch das Heraufkommen eines reduktionistischen, mechanistischen Menschenbildes verschüttet worden, so dass die heutige westliche Kultur und Medizin oft nach Asien blicken, wenn sie nach ganzheitlichen Ansätzen suchen. Und dieser Ruf nach einer ganzheitlichen humanistischen Medizin wird immer deutlicher.
Bei den Kursen der Sommerakademie 2017 für Integrative Medizin an der Universität Witten/Herdecke war ersichtlich, wie es vielen Studierenden und Ärzten nicht bewusst ist, dass jeder Medizin ausnahmslos ein spezifisches Menschenbild zugrunde liegt. Dies gilt auch für die so genannte Schulmedizin. In einer Zeit, in der die Sinnsuche und die Burn-out-Raten von Medizinstudierenden und Ärzten in Besorgnis erregende die Höhe schnellen, ist es nachweislich wichtig, sich auf die spirituellen Quellen der eigenen Kultur und Berufskunst zu besinnen. In einer Gemeinschaft von Gleichgesinnten sind intensive und kontemplative Gedanken über die eigene Auffassung von dem Menschen und der medizinischen Heilkunst möglich. Die gemeinsame Erforschung der Schule von Chartres und ihrer Impulse eröffnet die Möglichkeit einer neuen und lebendigen Verbindung zwischen Wissenschaft, Heilkunst und Religion. Aspekte, die alle notwendig sind, für einen modernen ganzheitlichen Umgang mit sich selbst und den Patienten.
„Inwiefern können wir uns heute an Vorbildern wie der Schule von Chartres orientieren, insbesondere an ihrem Schulungsweg? Welche neuen spirituellen Fähigkeiten brauchen wir heute, um die Begegnungen mit den Patienten und Krankheiten heilsam zu gestalten?“
Der Besuch der Kathedrale führt zu einer tiefen Berührung mit diesen Fragen. Die sieben Künste, sowie die kathedrale Kunst steigern das eigene Wahrnehmungsvermögen. Die Hintergründe der Entstehung von Chartres wecken das Interesse an der Geistes- und Bewusstseinsentwicklung der Menschheit. Das Erleben der Sorgfalt, des Engagements und Könnens der damaligen Bauleute und Künstler in jedem Detail des Baues, spornen die eigene Fähigkeitsbildung in hohem Maße an und zeigen Wege zu einer nachhaltigen Sinnhaftigkeit und Motivation für die ärztliche Tätigkeit und Haltung auf. Die Liebe zum Menschen mit all seinen Rätseln, Schwierigkeiten und wunderbaren Möglichkeiten kommt uns aus jedem Stein, jeder Plastik, jedem Glasfenster entgegen und wirkt auch heute noch auf den aufmerksamen Betrachter heilsam, fördernd und fordernd.
Nächster Termin 01. – 04. Oktober 2020
Kooperationsprojekt
Ein Projekt des Gerhard-Kienle-Lehrstuhl der Universität Witten/Herdecke in Kooperation mit Lebensweise, der Akademie der GAÄD und dem Freien Jugendseminar Stuttgart
Leitung
Marco Bindelli, Prof. Dr. David Martin,
Dr. med. Silke Schwarz
Seminargebühr: 250 Euro